Stets unterschätzt: der Songschreiber mit den „Blue Suede Shoes"
Inter allen One Hit Wonder-Phänomenen war er ja zweifellos das größte, bewundert, geliebt, verehrt von Kollegen mit einer Unbedingtheit, die er so fassungslos wie dankbar registrierte. Ein Held für
George Harrison, John Fogerty, Dave Edmunds, Eric Clapton und andere, die ihm durch ihre Ehrerbietung seine Selbstachtung zurückgaben.
Es war ja manchmal schon sehr peinlich gewesen, auf der Bühne einen durch Alkohol ziemlich. zerstörten Mann mittleren Alters zu erleben, der etwa im Vorprogramm von Johnny Cash ein paar Songs lang Rock-Legende spielen durfte, wo Nachgeborene die berühmten Riffs von „Matchbox", „Honey Don't" und „Blue Suede Shoes" schon so viel besser beherrschten als der Erfinder.
Jemand wie Rockabilly-Kollege Charlie Fea-thers hatte es vielleicht auch nicht zu größeren Reichtümern gebracht. Aber das schmälerte sein Selbstbewußtsein nicht im mindesten. Von den Fans schlug ihm glühende Verehrung entgegen. Carl Perkins lange Zeit eher Mitleid. Dabei stehen seine Sun-Aufnahmen denen von Elvis im Rang alles in allem kaum nach. Sein Pech war, daß Sam Phillips-seinen neuen Star Jerry Lee Lewis entschieden protegierte:
Sogar ein Klassiker mit endlosem Hit-Potential wie „Your True Love" brachte es letztlich nur auf Platz 67, „Boppin' The Blues" war vorher noch weniger erfolgreich gewesen. Die Beatles sorgten dafür, daß ihm 1964 bei seiner England-Tournee ein begeisterter Empfang zuteil wurde. Aber von den Blues- und Rock 'n'-Roll-Größen des Hauses Chess ging dort — von Chuck Berry bis Muddy Waters — auf viele, Bands wie Fans, die größere und dauerhaftere Faszination aus. Gewieftere A&R-Manager hätten die Karriere von Carl Perkins entschieden besser neu anschieben können. Das beweist nichts besser als die beiden letzten Aufnahmen auf dieser CD, die einer Eigenkomposition („Baby, Bye Bye") und die andere, genauso fabelhafte von John Hiatts „Memphis In The Meantime", bei denen ihn 1990 neben anderen der Lap-Steel-Virtuose Jerry Douglas im Stu-dio begleitete.
Die seine Karriere knapp umreißenden Liner Notes von Hank Davis deuten zumindest zwischen den Zeilen an, daß er auch schon in seinen Columbia-Jahren nicht immer unbedingt die besten Berater in Sachen passendes Repertoire hatte. Hier sind die meisten seiner großen Aufnahmen, auch grandiose wie „Dixie Fried" und „Lonely Heart". Nur diese etwas peinliche von „That's All Right", bei der er hörbar etwas angetrunken zu sein scheint, hätte es nicht gebraucht. (BEAR FAMILY) FRANZ SCHÖLER