Presse - 40 Years Bear Family Records (3-CD - 1-DVD) - Jazzthetik, September/Oktober 2015

Jazzthetik, September/Oktober 2015 Circulation: 20.000
40 Years Bear Family Records (3-CD/1-DVD)
Artikelnr.: BCD17050 Preiscode: PR2 EAN: 5397102170508
BEAR FAMILY RECORDS Vierzig Jahre jagen und sammeln
In diesem Sommer feiert Bear Family Records, jenes Label, das unermüdlich auf der Jagd nach seltenen Aufnahmen aus sämtlichen Bereichen der populären Musik war, das 40-jähri-ge Bestehen.
■ Von Rolf Thomas
Labelgründer Richard Weize präsentiert zum Jubiläum eine Box mit vielen exklusi-ven Tracks und legt seine Firma Ende des Jahres in jüngere Hände.
Rolf Thomas: Was hat Sie bewogen, nach vierzig Jahren die Tür zu schließen? Richard Weize: Man ist konstant unter Druck, wobei ich mich auch selbst unter Druck setze. Und diesen Druck wollte ich nicht mehr haben. Außerdem lässt mit 70 die Energie leicht nach. Aber es gibt genug Projekte, die ich noch machen werde. Die Genauigkeit der Recherche, der ich mich verpflichtet fühle, kostet

Da bin ich durch die Staaten gefahren wie ein Idiot. Lefty hatte mehr Hits in den Charts als Hank Williams. Später war er ständig besoffen und ist 1975 gestorben, aber er hat Country-Sänger bis in die 90er Jahre hinein beeinflusst. Ich bin durch sämtliche Archive gepilgert, um die Bän-der mit der besten Qualität aufzutreiben. Die Detailrecherche habe ich dann den Experten überlassen, die die Liner Notes schrieben. Manchmal hatte ich auch für Experten einen Hinweis. Ein Beispiel: Marty Robbins ist mit seinem Gitarristen James Farmer aus Phoenix, Arizona, nach Nashville gekommen. Der spielt auch auf seinen Platten. Das durfte er aber nicht. Deshalb steht ein Gitarrist, der in
Zeit. Ich mache seit sieben Jahren eine George-Jones-Box, die den Zeitraum von 1954 bis 1962 umfasst, und wir sind erst jetzt dabei, das Ende zu erreichen. Was ich noch gerne gemacht hätte, aber nicht mehr machen werde, ist Pete Seeger. Die Nummer ist zu groß für mich..Da ist so viel Recherche nötig, dass ich wahnsinnig würde. Rolf Thomas: Wie fing eigentlich alles an? Richard Weize: Die erste Box, die ich gemacht habe, war, glaube ich, Bill Haley. Danach gab es eine Lefty-Frizzell-Box, für die ich aufwändig recherchieren musste.
Nashville in der Gewerkschaft war, in den Aufnahmeunterlagen. So etwas herauszu-kriegen, ist natürlich sehr knifflig. Rolf Thomas: Wie waren die Reaktionen in den USA, als Sie dort überall Einlass begehrten?

Richard Weize: Die Amerikaner haben mich machen lassen. Es geht hauptsäch-lich darum, ob man den Leuten, auf die man bei der Recherche angewiesen ist, sympathisch ist. Das hat meistens ganz gut geklappt. Manchmal sind die Platten-firmen aber auch einfach passiv. Auf der Suche nach den Stereo-Aufnahmen von Lee Marvin war ich im Capitol-Archiv in Glendale. Die wurden da parallel zu den Mono-Aufnahmen aufgeführt und waren einfach zu finden. Die Capitol-Leute sind einfach zu faul gewesen, die Aufnahmen aufzuspüren und abzumischen. Rolf Thomas: Das hört sich an, als ob man die Schätze nur heben müsste? Richard Weize: Man muss Glück haben. Johnny Cash hat 1958 zwei deutsche Auf-nahmen gemacht, die nicht veröffentlicht wurden. Da musste ich nur eine Anfrage an seine damalige Plattenfirma schi-cken — und sie haben mir eine Kopie der Bänder gemacht. 1965 hat Cash wieder vier deutsche Aufnahmen gemacht, aber diesmal wusste niemand, wo sie entstan-den waren — Cash auch nicht. Ein alter CBS-Mitarbeiter behauptete, sie seien in Walldorf entstanden. Irgendwann erfuhr ich von June Carter, dass die Aufnahmen in New York gemacht wurden. Ich bin in das entsprechende Studio gefahren und habe tatsächlich die Bänder aufgetrie-ben. Dass der CBS-Typ glaubte, er sei bei den Aufnahmen in Deutschland dabei gewesen, lag daran, dass der deutsche Chor über die Original-Bänder in Walldorf eingesungen wurde.


Beppos Tipps Rolf Thomas: Wie ist diese Neigung zur Country-Musik bei Ihnen entstanden? Richard Weize: In den späten fünfzi-ger Jahren hatte ich einen Freund, der hieß Beppo. Wir hörten hauptsächlich Rock'n'Roll, aber irgendwann fragte mich Beppo, ob ich Jim Reeves und Don Gibson kennen würde. Von denen hatte ich noch nie was gehört. Das ärgerte mich ungemein, denn es gab in unserer Kleinstadt eigentlich nichts, was ich nicht wusste. Beppo brachte mir dann Platten mit, die seinem Bruder gehörten. Ich konnte einfach nicht fassen, was das für klasse Musik ist. Mit Don Gibson habe ich mich später oft getroffen. Jim Reeves, das Arschloch, habe ich nur einmal getroffen — 1964 in Hannover, und da war er total unfreundlich. Kurz darauf ist er gestorben; wahrscheinlich, weil er so unfreundlich war. Rolf Thomas: Gab es ein Gefühl dafür, dass das Lebenswerk von beispielswei-se Bill Monroe in einer oder mehreren dicken Kisten verkäuflich ist? Richard Weize: Als ich mit Bear Family anfing, war Country-Musik durch die Outlaw-Bewegung von Willie Nelson und
Waylon Jennings gerade populär. Die Hardcore-Fans von Bill Monroe waren natürlich in der Minderheit, aber auch de-nen konnte man die alten Aufnahmen bis zu einer gewissen Grenze verkaufen. Ich habe mich aber eigentlich nie darum ge-kümmert, ob man etwas verkaufen kann. Entweder mögen die Leute das, was ich mache, oder sie haben Pech gehabt. Aber damals konnte man alles verkaufen, und Bear Family sowieso, weil unsere Produk-tionen einfach besser waren. Das hat sich leider geändert. Es gibt die Sammler nicht mehr — und die paar, die es noch gibt, sind alt. Viele kauften ihre Schallplatten auch mit einem schlechten Gewissen, denn das nimmt ja alles unglaublich viel Platz weg. Wenn heute jemand etwas wissen will, geht er ins Internet, aber er sammelt nicht mehr. Rolf Thomas: Wie geht es mit der CD weiter? Richard Weize: Wenn man mich vor zehn Jahren gefragt hätte, hätte ich gesagt, in zehn Jahren gibt es keine'CDs Mittlerweile bin ich der Ansicht, dass es vielleicht noch zehn Jahre gut geht. Rolf Thomas: Sie haben auch sehr viel von Caterina Valente herausgebracht. Wie geht es ihr? Richard Weize: Nicht so gut, seit ihr Bru-der gestorben ist. Sie macht schon lange keine Aufnahmen mehr, weil ihre Stimme nicht mehr gut ist, aber gesundheitlich
scheint es ihr ansonsten nicht so schlecht zu gehen. Bei Bibi Johns' siebzigstem Geburtstag habe ich mal neben ihr geses-sen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt ja schon einige Boxen mit ihr gemacht, sie aber nie getroffen. Sie gab mir freundlich die Hand, grinste und sagte: „Ich bin Caterina Valente."
Zehn klasse Kisten:
Duane Eddy: Twangin' from Phoenix To L.A.
Fast alles von dem Mann, der den „Twang" erfunden hat und klingt, „als wenn man einen Telefondraht über den Grand Canyon spannt" (aus einem Absa-geschreiben).
Willie Nelson: Nashville Was the Roughest
Das Frühwerk des weisen Kiffers enthält seine besten Songs, und die spartanischen Arrangements stehen ihnen ausnehmend gut
Various Artists: Der Jazz in Deutschland
Auf zwölf CDs wird eine über 100 Jahre lange Geschichte zum Klingen gebracht: von den Weintraub Syncopators bis Albert Mangelsdorff, von Freddy Brocksieper bis Wolfgang Haffner.
Various Artists: Street Corner Symphonies
Die Geschichte des Doo Wop wird in sensationeller Ausführlichkeit über 15 CDs ausgebreitet— im Hintergrund schrummt so marrcher Jazzer.
Various Artists: Spain In My Heart
Eine Edition von historischen Ausmaßen: Nie wurden die Lieder des Spanischen Bürgerkriegs so gründlich exhumiert.
Various Artists: Sweet Soul Music
Die große Ära des Soul umfasst neben den essenziellen Hits auch viele versteckte Perlen und Raritäten—ein unerschöpfliches Füllhorn.
Various Artists: Troubadours
„Folk And the Roots of American Music" ist das Thema dieser Sammlung — wer immer noch nicht weiß, wer Spider John Koerner war, wird hier fündig.
Rick Nelson: Last Time Around
In der Spätphase seiner Karriere spielte der frühe amerikanische Teenie-Star relaxten Country-Rock— die siebziger Jahre sind hier komplett versammelt.
Johnny Cash: Man In Bleck
„Warum könnt ihr meine Platten nicht so veröffentlichen?", soll Johnny Cash seine amerikanische Plattenfirma gefragt haben.
Caterina Valente: Stairway To the Stars
Auf ihren kompletten Aufnahmen für die Firma Polydor singt die Valente Schlager und viele Standards — dass sie Deutsch-lands beste Jazzsängerin ist, hört man trotzdem.

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