Johnny Burnette
Als Johnny Burnette 1964 auf recht profane Weise bei einem Bootsunfall im Clear Lake in der Nähe San Franciscos ertrank, hatte der 30Jährige seinen Karierre-höhepunkt quasi bereits doppelt hinter sich. Sein kommerzieller Stern war 1960 mit "Dreamin in den USA und England aufgegangen und nach einem letzten Aufglühen wenige Charteinträge später mit "God, Country, And My Baby" 1961 bereits erloschen. Die Jahre bis 1964 erlebten Burnette als erfolglos von Label zu Label gereichten Ex -Star, der irgendwie nicht mehr recht zeitgemäß schien. Doch begann sich da bereits die bis heute gültige Bewertung des Sängers und Gitarristen aus Memphis auf seine frühesten Aufnahmen zu beziehen, die er mit dem sogenannten Rock'n'Roll Trio, bestehend aus seinem Bruder Dorsey und dem Gitarristen Paul Burlison, 1956 und 1957 zu Band gebracht hatte.
Wenn heute das Stichwort "Rockabilly" fällt, ist der Name Burnette nicht weit. Die 50er White Trash Musik des amerikanischen Südens gilt als elementare Stufe in der Entwicklung all' dessen, was sich später Rock nennen sollte. Im Kern'eine Sache aus Gesang, Gitarre lind einem Bass, der so hart geschlagen wurde, dass es nicht immer Drums brauchte, um die Rhythmusspur zu füllen. Neben Carl Perkins, Eddie Cochran und Gene Vincent gehört Burnette in die Erstbesetzung des Genres, das als neuer Sound von Bill Haley 's "Rock Around the Clock" gestartet und vor allem vom Sun Records Label mit Elvis und Country Sängern wie Roy Orbison und Johnny Cash zu einem der populärsten Sounds der 50er gemacht wurde. Die einfachen Verhältnisse der Herkunft, die Liebe zu Rhythm&Blues und Country und das berüchtigte Temperament der beiden Burnette Brüder (man schlug sich gerne auf, vor und hinter Bühnen, Bars und Fernsehkameras) scheinen den Aufnahmen des Rock'n'Roll Trios die rohe Qualität und Energie zu verleihen, die man bei Haley vermissen mag. Johnny Burnettes späteres Schaffen als Teenie Star, eingebettet in mehr oder weniger Schmalz, Streicher und Songs vom Fließband der amerikanischen Musikindustrie stehen zwar ihren Zeitgenossen in nichts nach, blieben aber fol-genlos und taugen nur für Nostalgie-Soundtracks zur guten alten Zeit. stücke wie "Train Kept A Rollin'", "Tear lt Up" und "Drinkin' Wine, Spo-Dee-0-Dee" hingegen sind bis heute Form und Feeling gebende Elemente in der Grundausbildung zum Rocken.
Beginnend mit der Vorzeit des Erfolges bei den Beatles zieht sich die Verehrung und das Kopieren von Johnny Burnette bzw. Burlisons Gitarrenriffs durch das Schaffen des "British Invasion" Sounds, aber auch der 70er Jahre. "Honey Hush", eines der Stücke, auf denen ein falsch gestöpselter Verstärker einen neuartigen Buzz auf die Gitarrenspur zauberte, findet sich beispielsweise musika-lisch fast baugleich als "Stroll On" bei den Yardbirds, während auch Burnettes krei-schiger Gesangsstil seine vielfachen Nachahmer fand. In gewohnt akribischer Manier haben nun Bear Family Records das Gesamtschaffen des simplen Südstaaten Stars auf neun CDs verteilt, wobei neben den klassischen Single und Album Aufnahmen vor allem die Demo Versionen und einige damals unter anderem Namen (The Texans, The Shamrocks) veröffentlichte Instrumentals große Hörlust ermöglichen.
Dazu das dicke Buch mit Bio, Discographie und Foto-Album und selig ist das Sammler-Herz. Allen nicht ganz so ausführlich Interessierten sei das auf dem gleichen Label veröffentlichte Material des Rock'n'Rbll Trios als Mindest-Proviant in den musikalischen Alle Zeiten Rucksack empfohlen. DBL
"Johnny Burnette - the Complete Recordings 1955-1964" ist bei Bear Family erschienen -www.bear-family.de-