Presse - Chuck Berry Rock And Roll Music Any Old Way You Choose lt - Rock'n'Roll Musikmagazin Erscheinungsdatum: 06/2014

Magazin: Rock'n'Roll Musikmagazin Erscheinungsdatum: 06/2014 Auflage: 2.000 Chuck Berry Rock And Roll Music - Any OId Way You Choose lt -The Complete Studio Recordings Plus! (16-CD/2 BCD17273 Prkecode: PL EAN•Nummer 5397102172731

Sieben Pfund Chuck Berry Rock And Roll Music
Any Old Way You Choose lt Bear Family BF 17273 PL 16 CDs, 350 Seiten Begleittext Sammler unserer Musik wissen: Wenn sich Bear Faniily einem unserer Lieblingskünstler annimmt. dann kann man das Endergebnis ohne Überlegung kaufen, egal ob es um Haley, Lewis, Perkins oder wie hier Chuck Bcrry geht. Eigentlich kann ich mir diese Besprechung also sparen. Allerdings soll es ja Sammler geben. die nicht so schnell überzeugt sind, zumal wenn eine Box mal eben 300 Euro ko-sten soll. Was also bekommt man für sein Geld? Zunächst einmal erhält der Sammler alles, also nicht weniger als das musikalische Gesamtwerk von Chuck Berry. Der gerade 88 Jahre alt gewor-dene Pioneer der Rockmusik hat in den 50er, 60er und 70er Jahren tbr die Labels Chess, Mercury und Atco gearbeitet. In dieser Zeit entstanden über 300 Studioaufnahmen. Und sie sind alle in dieser Box enthalten. Die Chcss-Aufnahmen Berrys waren in den Jah-ren 2008 bis 2010 schon von Hip-O Select. einem Label von Universal Music, wiedervcröffentlicht worden (siehe Hefte 179, 184 und 191). Auch von den Atco-Aufnahmen gibt cs eine CD im Handel. Endlich aber stehen hier auch die Mercury-Aufnahmen (1966-1969) auf CD zur Vertilgung. Es gab zwar in den 80er Jahren einmal eine CD-Veröffentlichung (siehe Hell 70). die jedoch in nur sehr kleiner Auflage erschien und selbst in den Sammlerbörsen praktisch nicht zu erhalten ist. Dies war schade, denn auch in den späten 60er Jahren nahm Berry einige interessante Stücke auf. Hervorzuheben sind vor allem die in Mcmphis entstandenen Aufnahmen mit denselben Musikern, die später zusammen mit Elvis u.a. „In The Ghetto" und „Suspicious Minds" einspielten. Hier gibt es also Berrys komplette Studioarbeit einschließlich seiner Mercury-Periode. Dies füllt insgesamt II CDs. die sich der Rock'n'Roll-Fan immer mal zwischendurch anhören kann, ohne dass es langweilig wird.

Denn während sich die Hip-O-Select-Veröffentlichungen in Alternativtakes verloren, so dass oft dasselbe Stück in meh-reren Versionen aufeinander folgte, gibt es bei Bcar Family immer nur eine Fassung, nämlich die bekannteste. Lediglich bei einigen wenigen Stücken findet man auf einer anderen CD eine zweite Version, z.B. wenn die Hit-Single gegenüber der LP-Fassung stark verkürzt wurde. Neben der kompletten Studio-Geschichte Bcrrys bieten fünf weitere CDs einen interessanten Ver-gleich: einen Querschnitt durch seine Live-Pro-gramme dieser Zeit. Dies beginnt bei Aufnahmen aus einer Alan-Freed-Show 1956 und endet bei den Filmaufnahmen zum Alan-Frced-Gedächtnis-Film _American Hot Wax" 1977. Dazu gehören diverse Aufnahmen, die es bisher nur auf selten-stem Vinyl gab oder die teilweise noch gar nicht veröffentlicht waren. Nun wäre Bear Family nicht Bear Family. wenn diese zwanzig Stunden Musik nicht mit mindestens genau so interessantem Papier tunerfilttert würden. Und so gibt es in dieser Box auch nicht nur ein schallplattengroßes Buch. sondern gleich zwei! Das eigentliche Begleitbuch stammt von drei Au-toren, die jeder bereits ein oder mehrere Bücher zu Chuck Berry veröffentlicht haben: Bruce Pegg erzählt auf über 100 Seiten nicht nur Bcrrys Le-bensgeschichte, sondern beschreibt auch die Um-stände aller Aufnahmesessions und die Ernste-hungsgcschichte der Songs. Von Fred Ruthwell. der auch als Produzent dieser Box fungierte, stammt die über 30 Seiten starke Diskographie. in der jede Aufnahme, jeder Musiker und jede wichtige Platte detailliert aufgeführt ist. Motten Reff schließlich hat als zweiter Produzent nicht 

nur dafür gesorgt, dass in dieser Zusammenstel-lung endlich auch jene Aufnahmen zu finden sind, die bisher auf allen CD-Veröffentlichungen fehlten. Er öffnet uns auch sein Archiv interna-tionaler Plattencover. So findet man im Buch verteilt nicht nur die Co-ver aller US-Releases, sondern auch die schönsten Scheiben aller Herren Länder, von Südafrika bis Neuseeland; alles natürlich in Farbe und bester Fotoqualität. Hinzu kommen geschätzt tausend Fotos: Einblicke ins Aufnahmestudio, Auftritte in der ganzen Welt, Konzertplakate, Anzeigen usw. Viele der Fotos erscheinen hier zum ersten Mal; oder zumindest zum ersten Mal in dieser hervor-ragenden Qualität. Und damit wären wir beim zweiten Buch. das der flox beiliegt und welches von einersensationellen Entdeckung berichtet: 1996 wird der Journalist unci Blues-Experte Bill Greensmith von einem Fru und auf ein Fotoarchiv aufmerksam gemacht, das entsorgt werden soll. In drei Räumen voll hunderter Kanons stößt Greensmith auf frühe Aufnahmen von Chuck Berry. Die Hausbesitzerin erklärt ihm, dass der Fotograf. ihr Ehemann Harry Davis, citt Cousin von Chuck Berry gewesen sei. Und so beginnt Greensmith. Negativ um Negativ durch zu suchen. Erstaunliches tritt zutage. Davis hat nicht nur Berrys Hochzeitsfoto gemacht. Von ihm stam-men auch viele der ersten PR-Fotos, Schon 1952 macht Davis erste Portraits von Berry mit Gitarre im Bühnenoutfit. Manche Aufnahmen dieser und weiterer früher Fotosessions werden noch zehn Jahre später von Chess für Plattencover und Song-bücher erwendet. Die meisten der Fotos aber wa-ren unbekannt bis sie im Rahmen dieser CD-Box zum ersten Mal gezeigt werden. Wobei es mit diesen Publicity-Shots nicht aufhört. Harry Davis und seine Kamera waren auch bei Auftritten in St. Louis dabei, beispielsweise im Cos mopo I itan Club. So sehen wir auf seinen Fotos Chuck Berry und Johnnie Johnson über die Bühne toben, einige Monate vor ihrem ersten Hit.

Die interessantesten Negative, Dias und Abzüge hat Biß Greensmith für dieses Buch restauriert und zusammengestellt. Sie sind hier großforma-tig wiedergegeben, in verblüffend guter Qualität, teilweise sogar in Farbe. Ein echter Schatz, nicht nur für Berry-Sammler. Allein der Text in den Begleitbüchern und die unzähligen tollen Fotos sind den Preis der Box schon fast wert. Und dann gibt es als Dreingabe ja noch Berrys Gesamtwerk, auf 16 CDs. Selbst wer von Berry schon alles hat, liest und hört noch Neues, sei es ein Augenzeugenbericht zu Berrys Englandtour 1965, sei es ein Werbesong für die Limonade „Dr Pepper- oder sei es die reparierte Fassung eines Songs, der beim Abmischen verse-hentlich verhunzt wurde. Wie bei Bear Family üblich, gibt es auch an die-ser Box nur sehr, sehr wenig auszusetzen. Etwas diskussionswürdig ist die Strategie, jeweils nur die „bekannteste" Fassung einer Aufnahme ein-zuschließen. Gern hätte man an einigen Stellen noch eine andere, z.B. die ursprüngliche Abmi-schung gehört. Wo es sich nicht vermeiden ließ. wurden einige seltene Stücke von Schallplatten überspielt, was man leider manchmal hört. Und beim 1969er Konzert hätte man sich eine durch-gehende Tonspur gewünscht anstelle der getrenn-ten Einzeltitel. Aber das sind Kleinigkeiten. Wer sich erst wenig mit Chuck Berry beschäftigt hat, findet in dieser Box alles, was er jemals über Berry wissen oder von ihm hören möchte - eine fertige Sammlung. Wer schon vieles hat, findet hier trotzdem viele Raritäten und einige Erstveröffentlichungen, ganz zu schweigen von zwei un-glaublich guten Begleitbüchern. Auch wenn sie 300 Euro kosten: diese sieben Pfund Chuck Berry sind unbedingt empfehlenswert! Dietmar Rudolph 

 

Tags: Chuck Berry

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