Ein Mann von Gewissen
Wilfried Schmickler nimmt kein Blatt vor den Mund
Ein Blatt hat er noch nie vor den Mund genommen und Rücksichten aus jedwedem Kalkül sind ihm völlig fremd: Wilfried Schmickler. Seit mehr als 35 Jahren kartätscht er, einer der letzten großen, wirklich politischen Kabarettisten, kompromißlos gegen das, was uns alle ärgert, kränkt und beleidigt und was die wenigsten beim schmutzigen Namen zu nennen wagen.
Und er ist einer wenigen, die sich wirklich „drum kümmern“, was er in seinem Programm „Ich weiß es doch auch nicht“ versprach – und auch nach „Das Letzte“ auch weiterhin hält. Denn das letzte Programm war das zum Glück nicht. Ganz aktuell sind derzeit die beiden mitreißenden früheren Programme „Ich weiß es doch auch nicht“ und „Weiter“, zzusammengefaßt unter den Titel „Schöne Aussicht“ auf zwei DVD zu haben. Banken- und Börsenzocker, die Datengier der Internet-Kraken, der Vernetzungs-Wahn in der Welt der Bits und Bytes, schmutzige Politik, die bigotte katholische Kirche und die zu einem kleinmütigen Haufen erbärmlicher Jammerlappen verkommenen Sozialdemokraten (wir erleben es ja derzeit mit den lächerlichen Schulz-Scharaden und der großmäuligen Frau Nahles, die ja eigentlich denen „in die Fresse“ hauen wollte, man die sie sich jetzt erneut widerlich anwanzt).
Alles Themen, die er im atemlosen kabarettistischen Galopp durchsprengt wie kein anderer. Themen, zu denen Schmickler seine dezidierte Meinung sagt und nicht nur den Finger in die schwärenden Wunden der Gesellschaft legt, sondern, wie meine Oma zu sagen pflegte, auch noch Salz hineinreibt. Damit es wehtut. Ordentlich. Denn nur so wird es begriffen, lehrt die Erfahrung des geübten und scharfsinnigen Mahners. Gut daß es Wilfried Schmickler gibt, der aber auch die Frage stellt, was Satire darf, ob sie das dann auch muß und ob es nicht noch brennendere Fragen gibt.
Frei von Anbiederung und Schmeichelei sagt Schmickler, ein Mann von Gewissen, was Sache ist. Er gehört zu den wenigen Klar- und Weitsichtigen im Lande, ist ein Wahrhaftiger, der auch die unbequemsten Wahrheiten ungefiltert ohne Rück- und Vorsicht ausspricht. Längst gebührte, wie von mir schon mehrfach zuvor gefordert, dem virtuosen Schnellsprecher für seine Programme (die zudem Pflicht für jeden Oberstufen-Kurs Staatsbürgerkunde deutscher Schulen sein müßten) neben seinen großen Kabarett-Preisen auch ein staatlicher Verdienstorden. Aber den wird er nicht kriegen, zu sehr steht er denen auf den Zehen, die ihn vergäben. Und: den würde er vermutlich sogar pikiert ablehnen. Warum übersieht man ihn eigentlich permanent bei der Bundespräsidenten-Kür? Wohl, weil er Deutschland gründlich und permanent, um nicht zu sagen penetrant die Leviten lesen und übrigens auch hier spöttisch abwinken würde.
Beide Programme zeigen das gesamte Spektrum von Wilfried Schmickler, das auch flammende Gedichte und politische Lieder umfaßt. Ergänzt wird die DVD-Edition durch die Dokumentation von Klaus Michael Heinz 'Fast ein Selbstporträt' über Wilfried Schmickler sowie durch ein umfangreiches, brillant bebildertes Booklet mit einer Laudatio von Else Stratmann (Elke Heidenreich), einem autobiografischen Rückblick und vielen witzigen Schnappschüssen und eindrucksvollen Fotos der großen Säle, die er 'unterwegs' pregelmäßig füllt.
Zwei DVDs also mit Schmickler, die wie ein reinigendes Bad im Höllenfeuer sind. Dabei erlaubt er sich durchaus auch gelegentlich Abstecher zum entspannenden Kalauer – um gleich darauf erneut mit dem Florett des Kabaretts gnadenlos zuzustechen. Eine heftige Empfehlung der Musenblätter, ausgezeichnet mit dem Musenkuß.
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http://musenblaetter.de/artikel.php?aid=21469&neu=1