Die Reissue der 5. LP der Tages und das zweite Album des dänischen Elektronikers Nattefrost sind die Themen hier.
Rock"n 'Roll und noch viel mehr der Beat waren die zwei Stilarten der Popmusik, die praktisch in jedem Land der Erde eigene Stars hervorbrachten. Waren das noch beim Rock'n 'Roll einzelne Persönlichkeiten, so explodierte die nationale Musikszene beim Beat. Das hatte vor allem zwei Ursachen: Zum einen, weil in einer Band zu musizieren definitiv einfacher war als alleine auf der Bühne zu stehen. Und zum zweiten, weil erst in den frühen 60er Jahren der Baby Boom der späten 40er Jahre voll zuschlug. So hatte binnen kurzem nach dem Auftauchen der Beatles auf jeden Fall jedes europäische Land seine eigenen Beathelden. Die aus Schweden waren die Tages aus Göteborg, die ihr Leben in den frühen 60er Jahren als Alberts Skiffle Group begonnen hatten und sich 1963 in Tages Skifflegroup nach dem zweiten Vornamen ihres MultiInstrumentalisten Danne Larsson umbenannten.
Schon damals gehörten der Schlagzeuger Freddie Skantze, Bassist Göran Lagerberg, Leadgitarrist Anders Töpel und Sänger Tommy Blom zur Formation. Bald sah man ein, dass mit Skiffle kein Geld mehr zu verdienen war und so legte man sich elektrische Instrumente zu, ließ das Skifflegroup im Namen weg und spielte Beat. Schnell, nachdem sie sich dazu entschlossen hatten, trafen sie den Plattenproduzenten Anders Henriksson, der sie von da an im Studio betreute und auch immer wieder bei ihren Songs mit Hand anlegte. Im November 1964 feierte man mit Sleep Little Girl den ersten Hit in Schweden und von da an blieben die Tages eine der erfolgreichsten, aber vor allem originellsten schwedischen Beat Bands, die mit Göran Lagerberg, Tommy Blom und Danne Larsson gute Songschreiber hatte. In ihrer Existenz bis 1968 legten sie eine Fülle von Singles, EPs und LPs vor, die sie als eine der besten schwedischen Beatbands zeigten. Zudem feierten sie etliche Hits in ihrer Heimat. Das Problem war nur, dass sie zweimal daran scheiterten, nach England zu kommen.
Erst 1967 klappte es und man ging in die legendären Abbey Road Studios von EMI, inzwischen war man auf Parlophone zuhause, um ein Album aufzunehmen, das in punkto Originalität mit ihren Idolen mithalten konnte. Inzwischen war Lasse Svensson für Skantze gekommen und man hatte sich von einer angloamerikanisch beeinflussten Beatband zu einer gewandelt, die ganz bewusst die Volksmusik ihrer Heimat ins Spiel brachte. Mit diesem Konzept gingen sie mit Produzent Anders Henriksson in die legendären Studios und man kehrte mit Studio (Bear Family BAF 18053 daraus zurück, das wie Nothingness Records, wo seine ersten CDs erschienen. Am Ende des 20. Jahrhunderts gründete er dann mit dem SynthesizerSpieler Claus Hohn Lynglund das Duo Carboneide, das ebenfalls eine CD veröffentlichte.
Doch dann schlug das Schicksal zu: In sein Heimstudio schlug ein Blitz ein, der das gesamte Equipment zerstörte, so dass die nächsten Jahre erst einmal nicht an weitere Produktionen zu denken war. Erst 2003 war das wieder möglich und Jeppesen konnte wieder loslegen. 2006 erhielt er einen Plattenvertrag von Groove Unlimited Records, den er für die Aufnahmen zu seinem zweiten NattefrostAlbum Absorbed In Dreams And Yearning (Sireena SIR 4038 / Broken Silence) nützte, das damals nur als CD auf denangestrebt einen originellen Mix aus den Elementen der schwedischen Volksmusik und dem Beat darstellte.
Damit war dem Quintett seine eigene Sgt. PeppersVariante gelungen. 50 Jahre später hört sich das vielleicht etwas altmodisch an, aber die Klasse der Musik setzt sich durchaus durch. Als jedoch das Quintett auch damit keinen Erfolg in England oder den USA hatte und sich zudem Tommy Blom mit seinen Kollegen zerstritt, war das das Ende der Fahnenstange. Drei der gerade einmal 21jährigen machten als Blond weiter, aber deren Musik hatte mit den Tages nichts zu tun. Neben der LP bekommt man als Zugabe noch ein Booldet von 1967 und eine DVD (Besprechung bei den DVDKritiken), die demonstriert, wie weit voraus die Jungs ihren Kollegen waren. Knapp 40 Jahre später machte sich der dänische Musiker Björn Jeppesen auf, seine zweite CD unter seinem Nom de guerre Nattefrost aufzunehmen. Mit seinem Debüt hatte er einen Erfolg erzielt, der vor allem auf seiner Fähigkeit, mit dem Sequenzer Tempo zu erzeugen, zurückzuführen war, aber auch auf seine Melodien, die immer wieder ins Ohr gingen. Jeppesen hatte schon mit vier mit der Musik begonnen und besaß bereits mit acht einen Synthesizer, so dass seine musikalische Richtung nur logisch war. Nachdem er Ende der 90er Jahre die ersten privaten Kassetten auf den Markt gebracht hatte, landete er bei Markt kam.
Auf ihr brachte Jeppesen genau den Klang, für den er seither berühmt geworden ist: Eine sehr rhythmische elektronische Musik, die eingängige Melodien besitzt und auch menschliche Stimmen (meistens von ihm selbst, einmal aber auch von Ute Stemmann) zu Wort kommen lässt. Was Jeppesen vor allem auszeichnet, ist sein Einsatz der Geschwindigkeit. Immer wieder beschleunigt er seine Kompositionen, was die LP sehr eingängig macht. Diese Ausgabe ist auf weißem Vinyl und auf 300 Stück limitiert. Fraglos legte er mit seinem zweiten Opus sein erstes kleines Meisterwerk vor, weil die Tracks unterschiedlich ausfielen, er Melodien gefunden hatte und er nicht in die Unsitte der elektronischen Musik verfiel, die großen Strukturen über Gebühr auszudehnen.
Der längste Track hier dauert 11 Minuten, was alle Anhänger von Tangerine Dream nur milde lächeln lässt. Doch gerade die Diskrepanz zwischen den längeren Tracks und den poppigeren kurzen zeigt, dass Jeppesen zwar von der Geschichte der elektronischen Musik geprägt wurde, aber seinen eigenen Weg gefunden hat. Deswegen ist er bis heute sowohl in seiner Heimat Dänemark als auch im Rest Europas einer der Musiker der elektronischen Musik, der einen einfacheren Weg bevorzugt. Melodie hat bei ihm Vorsprung vor dem Synthesizer Gezirpe und das hört man seinen Produktionen stets an. Das wird zwar gerne mit Ambient Music verglichen, aber das halte ich für unfair Jeppesen gegenüber. Der hat durchaus einen eigenständigen Klang entwickelt, der nur ihm gehört.