V.A. / Sun Shines On Hank Williams – CD-Review
Als ich noch ziemlich jung war, fiel mir mal ein (hier aus bestimmten Gründen nicht zu nennendes) Buch in die Hand, dass sich vor allem mit den Verfehlungen, Skandalen und persönlichen Abgründen der sogenannten Stars und Sternchen aus dem Musik-Business beschäftigt. Weder auf den Titel, noch auf den Autor möchte ich eingehen, da sich bei einer zweiten Betrachtungsweise etwa 15 Jahre später dann herausstellte, dass der Verfasser einer ganz bestimmten Gruppierung angehörte, die dort mit erhobenem Zeigefinger doch ziemlich platt und plakativ auf den bösen, bösen Rock’n’Roll einprügeln und mit reichlich Unwahrheiten verunglimpfen wollte. Aber wie dem auch sei, seit dem ersten Lesen dieser Auswüchse ist mir der Name Hank Williams ein Begriff. Der Songwriter und Sänger war in den vierziger Jahren ein großer Country-Star in den USA, landete aber dennoch regelmäßig in der Ausnüchterungszelle und starb bereits in den frühen fünfziger Jahren an einer Überdosis Morphium. Der erste 'böse Junge' der populären Musik sozusagen, wenn man die alten Blueser und Jazzer mal außen vorlässt.
Dass die Bear Family gerne und oft alte Schätze ausgräbt, ist bei Musik-Freunden ja schon sehr lange kein Geheimnis mehr. Nun hat das Label eine Zusammenstellung vorgelegt, die sich mit den Songs von Williams befasst, die von den Künstlern des berühmten Sun Studios in Memphis, Tennessee gecovert wurden. Mit Johnny Cash sowie Jerry Lee Lewis sind da sehr bekannte Vertreter mit am Start, aber auch einige nicht ganz so bekannte Namen wie Sonny Burgess, Barbara Pittman (mit einem super Take von "Cold Cold Heart"), Eddie Bond oder Annette McGee kommen hier zum Zug. Dabei handelt es sich zumeist um bisher unveröffentlichte Nummern oder Alternative Takes, was die Sache natürlich noch interessanter macht. Bezüglich der Tracks wurden natürlich die größten Hits des Country-Meisters wie etwa "Your Cheating Heart", "Hey Good Lookin'", "I Saw The Light" oder "Cold Cold Heart" ausgesucht. Allerdings macht es überhaupt nichts, wenn es hier mehrfach Songüberschneidungen zu verzeichnen gibt, da sich die jeweiligen Versionen dann doch deutlich voneinander unterscheiden.
So hört sich beispielsweise "Hey Good Lookin'" von Ernie Barton doch ganz anders an als die Fassung von Eddie Cash. Und noch mal ganz anders kommt das Stück selbstredend von Johnny Cash. Dass Jerry Lee Lewis seinen ganz eigenen Stil hatte, konnte auch zum damaligen Zeitpunkt schon niemand überhören. Ganz sicher auch ein Grund, warum die Versionen von "You Win Again" von anderen (Johnny Cash oder David Wilkins) natürlich auch ganz anders sein mussten. Geglückt sind sie dabei nahezu alle, wenn sie auch, wie bereits erwähnt, damals nicht oder in noch anderen Versionen veröffentlicht wurden. Den guten Hank kümmerte das alles nicht mehr wirklich, denn der hatte sich bereits am Neujahrstag 1953 seinen letzten Schuss setzen lassen.
Dennoch wäre er stolz gewesen auf diese Zusammenstellung, auf der sich männliche wie weibliche, weiße wie schwarze Interpreten versammeln, um seine Songs zu würdigen (und eventuell sogar selbst damit Erfolg zu haben). Eine Anekdote am Rande: Es soll ja im weltweiten Netz durchaus Gerüchte geben (wir würden so etwas selbstverständlich nie behaupten), dass Jerry Lee 'The Killer' Lewis noch nie alle Tassen im Schrank hatte. Vor der Aufnahme des Hank Williams-Songs "You Can’t Help It" will er auf jeden Fall mit dem Produzent und Label-Chef von Sun Records, Sam Phillips, darüber streiten, dass eigentlich er den Titel geschrieben hat. Was zumindest für einen Schmunzler beim Hörer sorgt.
"Sun Shines On Hank Williams" ist nicht nur wegen der bereits erwähnten Songs und Interpreten ein Gewinner, sondern vor allem deshalb, weil auch die unbekannteren Stücke wie etwa "I Can’t Help It (If I’m Still In Love With You)", "There’ll Be No Teardrops Tonight", "Take These Chains From My Heart" oder "My Bucket’s Got A Hole In It" alles andere als von schlechten Eltern sind. Ganz zu schweigen von Titeln wie "Jambalaya" (der bis heute gecovert wird) oder "I Heard That Lonesome Whistle Blow". Ein Star war Hank Williams aufgrund seiner Songs zu Recht, aber leider hatte auch er dieses selbstzerstörerische Element in sich, das ihn nicht alt werden ließ.
Was dieser Zusammenstellung seiner Songs aber nichts nehmen soll, denn die ist durchaus geglückt. Die Bear Family hat mit diesen insgesamt 26 Tracks (die in den Jahren von 1957 bis 1963 aufgenommen wurden) also wieder mal eine kleine Schatztruhe bereit gestellt, die sich zu öffnen lohnt. Wie von diesem Label gewohnt, kommen dann auch die Liner Notes sehr ausführlich und informativ. Tolle Sache!