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The Beatles

Internationale Pilzvergiftung

Die Beatles im Spiegel der deutschen Presse

von Bernd Matheja

 

Die Beatles im Spiegel der deutschen Presse

 

Zehn- oder gar hunderttausende Zeitungs- bzw. Zeitschriften- und Magazinartikel dürften bis heute weltweit über John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Ringo Starr, Pete Best und Stu Sutcliffe geschrieben und gedruckt worden sein. Fachliches, Sachliches, Informatives. Klatsch, Kommentare und Kolumnen. Ganze Serien, Hopplahopp-Meldungen mit glühender Nadel, Gerüchte. Die Beatles avancierten zu Beginn der sechziger Jahre in kürzester Zeit zu ganz heißen (Print-)Medien-Favoriten – als Radau produzierende Vertreter eines neuen Sound, als gemeingefährliche Jugendverderber mit endlosen Haaren bis auf den Hemdkragen. Die Liverpooler Musikanten waren aber außerdem geeignete Melk-Objekte, weil auch sie überraschenderweise über Privatsphären verfügten, in denen zu wühlen sich ein ums andere Mal lohnte. Und: Als ihnen 1965 die Membership of the Most Excellent Order of the British Empire (MBE) angetragen wurde, drohten diese Kerle sogar stubenrein, hof- und salonfähig zu werden.

Das zunächst auf Großbritannien begrenzte Beat-Fieber erhitzte sich schnell zum globalen Flächenbrand, und kein Druckerzeugnis konnte sich mehr der Faszination – ehrlich empfunden oder schleimig gespielt – entziehen, wollte man die lebenswichtige Auflage nicht durch selbstverschuldete Ignoranz gefährden. In Gesamtdeutschland war dies nicht anders. Sogar die ehemalige 'Ost-Presse' mischte mit: Nachdem Totschweigen schnell nicht mehr funktionierte, setzten sich linientreue Silbenklempner in gewohnt hirnschwachem Wort-Schwulst mit dieser vierköpfigen Bedrohung des Abendlandes auseinander, an der schlimmstenfalls die Soll-Erfüllung bei der Steckrübenernte zu scheitern drohte. Im Westteil des Landes dagegen konnten alle journalistischen Register gezogen werden: Boulevard-Produkte bedienten knallig Volkes Stimme, Musik- und Jugendmagazine hechelten bemüht anglo-amerikanischen Vorgaben hinterher, kluge Wochenschriften machten auf Tiefgang mit variierendem Kompetenzanteil. Vom florierenden Umsatz-Multi bis zum strampelnden Heimatblättchen galt: Beatles sind Pflicht – für die Jungen als Köder, zum Ärger(n) der Alten.

Die Kern-Zeit der Beatle-Manie zwischen Flensburg und Garmisch waren die Jahre 1963 bis 1967. Davor lagen lediglich Aufwärmübungen – auch wenn im Juni 1960 die ganze Chose in Hamburg ihren Anfang genommen hatte. Allein: Sogar die längst legendäre 'Star-Club'-Eröffnung am 13. April 1962 – immerhin mit den Beatles als Top Act - war nicht einmal der kompletten hanseatischen Lokalpresse auch nur eine Silbe wert. Und die erste Fab-Four-Schallplatte auf dem Odeon-Label, Love Me Do/Please, Please Me, erschien im Vertrieb der Kölner Electrola nicht vor Ende Februar 1963. Fünf Jahre später knirschte es bereits immer wieder mal im Beatles-Gebälk: Auch wenn Hits wie All You Need Is Love, Hello Goodbye, Lady Madonna, Hey Jude, Get Back und Let It Be erst noch folgen würden – die Veröffentlichung der 'Sgt. Pepper'-LP am 1. Juni 1967 war ein Signal, ein Wendepunkt in der Geschichte der Band, die zu diesem Zeitpunkt erwachsen geworden war. Schon bald häuften sich Meldungen über (angebliche) Solo-Vorhaben, Ausstiegsabsichten – Dementis natürlich inklusive – und interne Meinungsverschiedenheiten. Die Beatles waren auf direktem Weg zu einer (allerdings weiter hochkreativen) Zweckgemeinschaft.

Die Beatles im Spiegel der deutschen Presse

Dazwischen lag ein unglaublicher Erfolgs-Marathon, der die Entwicklung der Unterhaltungsbranche nachhaltig veränderte. In Deutschland zählte dabei die Bravo-Beatles-Blitztournee Ende Juni 1966 (München, Essen, Hamburg) zu einem der Höhepunkte – auch was das assistierende Getöse in der Presse betraf.

Vieles – oder fast alles -, was Schreiber vor rund 40 Jahren in die mechanischen Klappermaschinen gehackt haben, dürfte vergessen sein. Das in diesem Buch erstmals gebündelte Material stammt aus einer Zeit, in der vier gestandene, hochkreative Welt-Stars unter anderem als "Paviane", "wimmernde Jünglinge" und "Käferplage" verunglimpft und sie einem "Zoo" anempfohlen wurden – "tierische" Vergleiche, die offenbar belustigen sollten und dabei doch nur – peinlich und deprimierend zugleich – an eine Diktion aus der übelsten deutschen Vergangenheit erinnerten. Nur gut, daß es parallel soliden und cleveren (Boulevard-)Journalismus gab, der viele amüsante Hervorbringungen garantierte. Wenn etwa über die "Beatles im Kreisjugendheim Schlossborn" berichtet oder bereits im Februar 1964 gefragt wurde: "Beatles-Welle schon vorbei?". Wenn schwerwiegende Mode-Probleme anstanden ("Was trägt der Fan zum Konzert?"), eine "Perückenschlacht in England" tobte oder plötzlich neue Märkte in den Blickpunkt rückten: "Jetzt noch Beatles-Strümpfe . . . und Beatle-Brot gibt es auch schon". Oder wenn die Fan-Verzückung außer Kontrolle zu geraten drohte: "Paul, du bist so weit weg, jammerte sie – Tränen und Trümmer", "Mädchen küßte Polster im Beatles-Auto – vorher riß sie sich die Bluse vom Leib".

Auch die Band-Mitglieder selbst lieferten Schlagzeilen-Futter ohne Ende: "Lennon als Klo-Wärter", "McCartney entlaust Katzen", "Ringos Garten wurde zu teuer". Und produzierte ein besorgter Leserbriefschreiber den Aufreger Nr. 1 ("Wenn sie den Beatles was tun, bricht der 3. Weltkrieg aus!"), klang das bei unseren Nachbarn doch wesentlich beschaulicher: Eine Eidgenossin praktizierte – posthistorisch durchaus faszinierend – eine frühe Form von Selbst-Mailorder ("Als Päckli zu den Heulern". Schweizerin im Versandkarton fast erstickt), und von Kollegen in Wien wurden die Beatles zur Begrüßung mit ihrem eigenen Markenzeichen mal eben sprachlich eingemeindet: "Jö, Jö, Jö !!!"

Bernd Matheja

Intl.Pilzvergiftung - Beatles Bernd Matheja

Die Beatles im Spiegel der deutschen Presse

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