Greyhound George No Time To Cry (CD)

Greyhound George ist nun auch schon über sechzig. War in seiner Jugend sein Motto "I hope I die before I get old", so ist er heute froh, dass er all die Jahre erleben durfte, in denen er eine Fülle von menschlichen und musikalischen Erfahrungen sammeln konnte.

45 Jahre Band- und Auftrittserfahrung, hunderte von geschriebenen Songs, Konzerte in den unterschiedlichsten Konstellationen, inspirierende, aber auch desillusionierende Begegnungen mit Blueshelden und Vorbildern - in Westfalen braucht es Zeit, um eine Künstlerpersönlichkeit zu formen.

Die meiste Zeit davon verlief unter dem Radar, unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit. Das ist wohl unvermeidlich, wenn man ein Deutscher ist, dessen Musikstile wie Blues, Skiffle, Soul und Reggae auch in Ostwestfalen fest verwurzelt sind. In den letzten Jahren hat das bluesinteressierte Publikum allerdings etwas genauer hingehört, wenn der Name "Greyhound George" fällt. Liegt das an Georges Fähigkeiten an der Gitarre oder an seinen Songs? Einige seiner amerikanischen Kollegen sagen, dass sie sich fragen, warum so etwas in den USA nicht mehr geschrieben wird. Vielleicht liegt es auch an seiner Bühnenpräsenz, die ihn einst bis ins Finale der "International Blues Challenge" in Memphis brachte. Es gibt sogar Leute, die sagen, er sei ein guter Sänger. Aber vielleicht liegt es einfach daran, dass er genug Zeit hatte, seinen Stil sorgfältig zu entwickeln.

Auch wechselnde Trends und Tendenzen in der Musikbranche können Greyhound George nicht mehr aus der Ruhe bringen. Während viele jüngere Künstler es heute kaum noch für zeitgemäß halten, ein Album zu machen, haben George und seine Band von 2020 bis 2022 eine ganze Trilogie veröffentlicht, die seine musikalische Entwicklung zusammenfasst und einen Bogen vom erdigen Chicago-Blues über Funk- und Soul-beeinflusste Stücke bis hin zu fast poppigen Klängen spannt.

Mit "No Time To Cry" veröffentlicht Timezone Records nun den dritten Teil dieser Trilogie. Die 13 Songs des Albums sind aus einer reifen Perspektive geschrieben, von jemandem, der nicht mehr alles mitmachen muss, weil er nicht mehr so viel Zeit im Leben hat. Sie folgen weder irgendwelchen Trends, noch beschränken sie sich auf einen einzigen Stil, den Blues zu spielen. Vielmehr ist es, wie seine beiden Vorgänger, ein "Album" im besten Sinne des Wortes. Es gibt tanzbare Nummern wie "I've Got The Blues For You" und "My Buddy Buddy Friends", aber auch nachdenkliche Songs wie "Simple Man's Blues" mit starkem Jazz-Einfluss und "No Excuses Anymore", ein eher sphärischer Gitarrenblues. Ein paar raue Shuffles wie "All You Can Eat" und "Gone For Good" sind natürlich auch dabei. Songs wie "If It Wasn't For You" und "Fake Reality" sind eher gefühlvoll. Die Bläsersätze auf dem Album hat Greyhound George natürlich wieder selbst geschrieben. Auch das hat er irgendwann im Laufe der Zeit gelernt.

Diese Band ist ein großer Glücksfall für George! Die Jungs kennen sich in allen Belangen der Musik aus, denn sie sind schon genauso lange auf den Bühnen des Landes unterwegs wie George selbst. Sie sind daher in der Lage, alle musikalischen Ideen von George nicht nur umzusetzen, sondern immer noch ein bisschen weiter zu gehen. Sie kennen sich seit Jahren von den Blues-Sessions in Bielefeld und verstehen sich daher blind. Der daraus resultierende Groove ist auch auf "No Time To Cry" in jedem Song präsent und macht es dem Hörer schwer, einfach still zu sitzen, wenn er einmal drin ist. Vielleicht ist das der Grund, warum die Band, die seit 2019 auf Konzerten und Festivals in ganz Deutschland unterwegs ist, für den Blues Award als "Beste Band" nominiert wurde und bei der "German Blues Challenge 2022" den zweiten Platz belegte: Die Band hat auf der Bühne genauso viel Spaß wie das Publikum. Hört euch "No Time To Cry" an und ihr werdet wissen, warum!