Wer war/ist Marianne Mendt ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr
Marianne Mendt
Komm, alter Pianospieler
Im Leben sieht man sich angeblich immer zweimal. Marianne Mendt kann das unterschreiben. In der Bear-Family-CD 'Wie a Glock'n…', die ihre Aufnahmen von 1970 bis 1972 versammelt, wird sie zu der Zeit nach ihren ersten beiden LPs zitiert, in der Autoren wie André Heller und Georg Danzer begannen, eigene Schallplatten aufzunehmen. Mendt hatte plötzlich "keine Lieder mehr". Ihr Label Columbia machte 1974 aus der Not eine Tugend: Wo keine neuen Lieder waren, griff man halt zu den schönen alten. 'Wienerlieder' hieß die dritte Mendt-LP (auf die aus Platzgründen bei den Bear-Family-Wiederveröffentlichungen verzichtet werden muss) und besteht komplett aus österreichischen Gassenhauern wie Im Prater blüh'n wieder die Bäume, Wiener G'schichten und Sag beim Abschied leise Servus. Wunderbar aufgefrischt allerdings, mit dezenten Prisen Jazz und Latin, von Richard Oesterreicher, dem Marianne Mendt damit ein zweites Mal begegnete. 1966 hatte sie erstmals als Gastsängerin des Richard Oesterreicher Quartetts auf der Polydor-LP 'Swing im Night-Club' Evergreens wie Mackie Messer und Dankeschön mit ihm aufgenommen.
Richard Oesterreicher wurde am 10. November 1932 in Wien als Sohn eines Musiklehrers geboren. Nach erstem Unterricht beim Vater studierte er am Konservatorium Gitarre und Klavier. Von 1958 bis 1967 leitete er seine oben genannte eigene Combo, danach wechselte er als Gitarrist und Arrangeur zum ORF-Unterhaltungsorchester. Als er 1974 die 'Wienerlieder' für Marianne Mendt arrangierte und produzierte, war er bereits zwei Jahre Mitglied der ORF-Big-Band, deren musikalische Leitung er im Jahre 1976 übernahm. Der Erfolg der gemeinsamen LP bestätigte Mendt darin, auch ihr folgendes Album in Oesterreichers Verantwortung zu geben. Schon der Albumtitel machte deutlich, dass man diesmal ihrer Bandbreite besonders gerecht werden wollte: 'Lieder Songs Schlager'.
Die 'Lieder' waren Marianne Mendt auf den Leib geschneiderte Chansons. Bei einem davon war sie sogar selbst unter den Autoren: Die Musik zu Der Ruhm, einem abgeklärten Karriere-Resümee mit Violinsolo des legendären Toni Stricker, stammt von Mendt selbst. Glücklicherweise hatte sich Liedermacher Georg Danzer noch nicht ganz vom Schreiben für andere Künstler verabschiedet, zwei Höhepunkte des Albums stammen, zusammen mit Richard Oesterreicher, von ihm: Der swingende Ohrwurm Komm, alter Pianospieler wurde als Single ausgekoppelt und nach Wie a Glock'n… der zweitgrößte Hit von Marianne Mendt. Ein neuer Tag ist eine bittersüße Samba, bei der man kaum glauben mag, dass sie aus Wien und nicht aus Rio de Janeiro stammt.
Bei den Liedern des Albums handelt es sich um eingedeutschte internationale Hits und Kuriositäten, eine bunte Sammlung, die Mendt kompetent und individuell mit Leben erfüllt. Auf dem Weg zu dir heißt im Original The Way We Were und stammt aus dem gleichnamigen Barbra-Streisand-Film, der ein Jahr zuvor in die Kinos kam. Nach ihrer Bühnenrolle als 'Funny Girl' zeigte Marianne Mendt hier ein zweites Mal, dass sie auf Augenhöhe mit der berühmten Amerikanerin stand. Frei wie der Wind ist ein weniger bekannter Filmmusiktitel und stammt aus dem Abenteuerstreifen 'Papillon'. Als Toi qui regardes la mer war er ein Erfolg für die Französin Nicoletta. Meine Liebe (Amor mio) war einer der ersten Hits des Italieners Lucio Battisti. Ein Zufall hieß im Original Cecilia und stammt aus der Feder der beiden ABBA-Männer Björn Ulvaeus und Benny Andersson. Rätselhaft, wie diese schöne, aber nahezu unbekannte Nummer es bis nach Österreich schaffte. Sie war in der schwedischen Fassung die B-Seite der Eurovisions-Vorentscheidungs-Single Säj det med en sang von Lena Andersson.
Die Grenze zwischen den Liedern, Songs und Schlagern mag fließend sein, heute darf man konstatieren, dass Mendt letztere weniger lagen. Schlagertitel wie Europa (laut LP-Hülle ein "Schlagerbeitrag zum Thema Europäische Gemeinschaft") oder Ein Kater ist kein Hund gaben ihr einfach zu wenig Stoff zur Ausgestaltung auf gewohnt hohem Niveau. Wie gut, dass mit zwei swingenden Nummern, dem Brecht-/Weill-Klassiker Mackie Messer und dem Stevie-Wonder-Hit You Are The Sunshine Of My Life, auch wieder eine Musikfarbe Teil der LP war, die der Albumtitel verschweigt: der Jazz. Hier glänzte Marianne Mendt umso mehr.
Drei Jahre dauerte es dann, bis eine neue Mendt-LP auf den Markt kam. An einem Misserfolg des 'Lieder Songs Schlager'-Albums kann dies nicht gelegen haben, denn es verkaufte sich gut und enthielt mit Komm, alter Pianospieler sogar einen respektablen Hit. Viel mehr verlagerte Mendt in den kommenden Jahren ihr Tätigkeitsfeld verstärkt ans Theater und ins Fernsehen, denn auch dort war sie inzwischen gefragt. Im Züricher Schauspielhaus war sie 1976 erneut im Burt-Bacharach-Musical 'Das Appartement' zu sehen, mit dem sie bereits einige Jahre zuvor in den Wiener Kammerspielen geglänzt hatte. Die Komödie 'Richards Korkbein' des Iren Brendan Behan führte sie 1977 ans Grazer Schauspielhaus, 'Glaube, Liebe, Hoffnung' ans heimische Theater in der Josefstadt und 'Pariser Leben' ans Berliner Schillertheater.
In den 70er Jahren gab es im Fernsehen noch große Musikshows. Marianne Mendt absolvierte unzählige Auftritte für ARD, ZDF, SRG und ORF, sie trat als Gast bei Peter Alexander, Otto Schenk, Caterina Valente, Peter Frankenfeld und Harald Juhnke auf oder war der Star von auf sie zugeschnittenen Sendungen wie 'Ti for Tu' (ZDF) oder 'Die Showspieler' (ORF). Im ZDF war sie Mittelpunkt der Operette 'Das Feuerwerk' und präsentierte das Lied der Köchin auf ihre einmalige Art. Auf Radio Ö3 lief damals eine legendäre Sendung mit dem Titel 'Showtime'. In einer Folge gab Marianne Mendt ein Konzert mit der ORF-Big-Band, das ein enormes Echo auslöste, weil sie hier einmal mehr zeigen konnte, wie breit ihr Repertoire und wie jazzig ihre Interpretation sein konnte. Als Resultat entstand die mehrteilige Fernsehreihe 'Mendt & Band', die vor allen Dingen Jazzfreunde vor den Bildschirm zog. Unter den Gästen waren auch internationale Stars wie Michel Legrand, mit dem Mendt ein Duett sang. In der heutigen Zeit ist kaum mehr vorstellbar, welchen Stellenwert solche Musik damals noch in Radio und Fernsehen hatte. Heute werden Sendungen wie diese, wenn es sie überhaupt noch gibt, in Spartenkanäle oder ins Spätprogramm verbannt.
Marianne Mendt Wie a Glock'n 1970-1972
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