Wer war/ist Peter Rohland ? - CDs, Vinyl LPs, DVD und mehr

Peter Rohland

"Schritt hin zu einer neuen intelligenten U-Musik" (Eckard Holler)

Einer der ersten Sänger, die Anfang der sechziger Jahre Volkslieder ganz unterschiedlicher gesellschaftlicher und historischer Herkunft sangen, war Peter Rohland. Zu seinem Repertoire gehörten jiddische Lieder und Landstreicherballaden ebenso wie Lieder nach Texten von François Villon und die Lieder deutscher Demokraten aus dem Vormärz und von 1848. Vor allem mit letzteren leistete er Pionierarbeit für zahlreiche Künstler, die diese Stücke in ihr Programm aufnahmen. Darunter Sänger wie Dieter Süverkrüp und Hannes Wader sowie Gruppen wie Liederjan, Zupfgeigenhansel oder Ougenweide.

Peter Rohland wollte das deutsche Volkslied 'entstaubt' und 'unverblümt' singen. Dazu sagte er 1966 in einem Interview mit der Zeitschrift 'Song': "Es ist an der Zeit, neben den Liedern von Schwartenhälsen, der armen Jüdin und dem Deserteur auch die Lieder der Revolution von 1848, der Arbeiterkämpfe und die Lieder aus den Konzentrationslagern mit dem Begriff 'Deutsches Volkslied' zu verbinden. Wir müssen diesen Begriff endlich berichtigen. Deutsche Volkslieder haben weder mit 'Volksseele', noch mit 'ewigen Werten' etwas zu tun. Es sind einfach Lieder, die den ganzen Aspekt menschlichen Lebens umfassen, von der äußersten Sentimentalität bis zur harten oder derben Darstellung. Geschieht die Aussage jedoch in den Klischees der Zeit, ist sie auch in der Melodie oberflächlich und gefühlsbetont, dann handelt es sich um Schlager oder Schnulzen, ob sie nun heißen 'Durch's Wiesental gang i jetzt na' oder 'Küsse unterm Regenbogen'. Andere Lieder sind präziser. Sie schildern eine genau erkennbare Situation oder den Ablauf eines Geschehens. Und diesen Liedern gilt mein Interesse."

Geboren 1933 in Berlin, dem Jahr der Machtergreifung Adolf Hitlers, aufgewachsen in Stuttgart und Göppingen, bekam er seine ersten musikalischen Impulse – wie viele andere 'Waldecker' auch – in der Bündischen Jugend. Er gehörte der Schwäbischen Jungenschaft an, einem Jungenbund, der von den Nazis als 'kulturbolschewistisch' verboten worden war. Dort und bei Reisen, die ihn Mitte der fünfziger Jahre über Griechenland bis nach Bagdad führten, lernte er Lieder anderer Völker kennen. Sein nach der Rückkehr begonnenes Jurastudium brach er schnell ab und zog nach Berlin, wo er zunächst Musikwissenschaft belegte, aber sich schon bald nur noch dem Gesang widmete. In kleinen Künstlerkneipen debütierte Peter Rohland mit ersten Auftritten. Sein erstes Programm 1962 hieß 'Vertäut am Abendstern – Chansons zur Nacht'. Im Beiblatt zu der unter diesem Titel zwei Jahre später erschienenen EP schrieb Rohland: "Vergessen wir nicht, daß auch bei uns in Deutschland Anknüpfungspunkte für eine eigenständige Chansonkunst bestehen. Sie liegen irgendwo zwischen Volkslied, bündisch-vaganteskem Song und unserer heimischen, mittlerweile etwas schmalbrüstigen Chansonkunst. Ihr Barden, schafft Texte, die weithin wirken! Sucht sie! Singt sie!" Das von dieser EP stammende Lied Ich schaukle meine Müdigkeit, daß er von dem bündischen Songpoeten Werner Helwig her kannte, interpretiert er hier jedoch solo als deutsches Chanson und nicht als bündisches Gruppenlied.

In Paris, wo er 1962 einige Monate lebte, entstand die Idee, ein Programm mit jiddischen Liedern zu entwickeln. Mit diesem Programm, das im März 1963 in Berlin Premiere hatte – mit Hanno Botsch an der Geige und Gesine Köhler am Gesang – ging er auf erfolgreiche Tournee durch die Bundesrepublik, dennoch fand sich zunächst nur das kleine Thorofon-Label, um fünf Lieder aus dem Programm 'Der Rebbe singt' auf einer EP zu veröffentlichen. Der hier vertretene Titel Frateg far nacht erschien erst zwei Jahre nach Rohlands Tod auf der Langspielplatte 'Lieder der Ostjuden I'. Zwar hatten schon andere Interpreten – wie Belinda und Behrend 1962 – vor Rohland Platten mit einem jüdischen Programm veröffentlicht, dennoch betrachten viele Musikhistoriker sein Werk als entscheidenden Beitrag eines Musikers in der Bundesrepublik, das Schweigen über die Judenverfolgung durchbrochen zu haben.

Gemeinsam mit Schobert Schulz, dem späteren Partner von Lothar Lechleiter im Duo Schobert & Black, nahm Peter Rohland Ende 1964 die LP 'Landstreicherballaden' auf. Für dieses Programm griff er u. a. auf Lieder zurück, die er schon in der Bündischen Jugend gesungen hatte. Andere fand er in alten Handwerkerliederbüchern oder hatte sie von Zimmerleuten gelernt, die er, selbst in Süddeutschland 'herumwalzend', getroffen hatte. Aus diesem Programm stammt das Lied Wir drei, wir geh'n jetzt auf die Walze, das Rohland schon 1958 gesungen hatte. Für den Film 'Und sie hatten sich geschminkt' von Karl Mohri schlüpfte Rohland damals selbst in die Rolle des 'Landstreichers'.

Gut zehn Jahre bevor der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann die Aufarbeitung der deutschen Freiheitsbewegungen in der Schule forderte, präsentierte Peter Rohland 1965 beim zweiten Waldeck-Festival sein Programm '48er Lieder – Lieder Deutscher Demokraten'. Auch dieses Programm, mit dem er sich als politischer Sänger vorstellte, wurde als Platte erst nach seinem Tod veröffentlicht. Daraus stammen das Bürgerlied und das Lied eines kosmopolitischen Nachtwächters. Zu diesem Text von Franz Dingelstedt schrieb Peter Rohland die Musik.

Sein letztes Programm – 'Lieder des François Villon' – erlebte nicht einmal mehr die für Mai 1966 in Köln geplante Uraufführung. Nach einer Gehirnblutung starb Peter Rohland am 5. April. Die Musik zu den Villon-Texten in der Übersetzung von Paul Zech schrieben – neben Peter Rohland selbst – Schobert Schulz und Hanno Botsch. Von der 1968 veröffentlichten LP mit den Villon-Liedern stammt auch Die Räuberballade von Pierre, dem roten Coquillard.

Anläßlich seines 40. Todestags würdigte Eckard Holler Peter Rohland in der Wilhelm-Zimmermann-Gedenkstätte in Dettingen als einen Künstler, der die musikalische Szene in Deutschland grundsätzlich verändert habe, "indem zwischen der U-Musik (= Schlager) und der E-Musik (= Klassische Musik) eine neue musikalische Gattung eingeschoben wurde, die weder das Eine noch das Andere ist, jedoch einen Schritt hin zu einer neuen intelligenten U-Musik macht."

Als CD sind folgende Alben von Peter Rohland erschienen: 'Landstreicherballaden & Lieder des François Villon', 'Jiddische Lieder – Un as der Rebbe singt', '48er Lieder – Lieder deutscher Demokraten'.

www.peter-rohland-stiftung.de

Auszug aus
Various - Liedermacher in Deutschland
Vol.1, Für wen wir singen (3-CD)
/various-liedermacher-in-deutschland-vol.1-fuer-wen-wir-singen-3-cd.html

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