Various - 1000 Nadelstiche Vol.01, Amerikaner & Briten singen deutsch (CD)
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Various - 1000 Nadelstiche: Vol.01, Amerikaner & Briten singen deutsch (CD)
"Warten und hoffen", so tönte Dusty Springfield schon 1964.
Abgesehen davon, daß sich lange Zeit kaum jemand an germanisches Liedgut der großen Sängerin erinnern konnte, faßte sie damit ungewollt den Seelenzustand vieler Plattensammler in Worte. Besonders von denjenigen, die rares Single-Vinyl jagen, auf dem sich anglo-amerikanische Interpreten der 50er, 60er und 70er Jahre nach Stimmbandkräften an "huppsche Frauleins" oder "grunen Waldern" versuchten.
Denn seit ein paar Jahren sind diese Ergüsse in deutscher Sprache zu echten Rennern auf dem Sammlermarkt avanciert. Die Preise, noch in den 80ern auf relativ moderatem Niveau, explodierten. Daß erst 1999 in einer Auktion die Merseybeats-Single Nur unsere Liebe zählt für schlappe 1005 (e i n t a u s e n d u n d f ü n f) Mark den Zuschlag erhielt, ist ein Indiz dafür; auch Roy Orbisons tränentreibende Mama, Mein Girl von den Temptations, Nimm mein Herz ("geh die Schtresse enlä-häng" / The Sorrows), Marvin Gayes Wie schön das ist oder Am Abend auf der Heide von den Everly Brothers erzielen locker Preise im (hohen) dreistelligen Bereich. Wenn sie überhaupt einmal in akzeptablem Zustand angeboten werden.
Vor rund 30 bis 35 Jahren war das alles noch ein wenig anders. In den Schallplattenabteilungen der einschlägigen Elektrofachgeschäfte oder der Kaufhäuser setzten diese Singles im Regal konsequent Moos an: Selbst populärste Tonsetzer wie etwa die Searchers (Tausend Nadelstiche), die Spencer Davis Group (Det war in Schöneberg), Helen Shapiro (Ich such' mir meinen Bräutigam alleine aus), Johnny Cash (Wer kennt den Weg?) oder Gene Pitney (Bleibe bei mir) mutierten in deutschen Kinderschuhen zu staubfangenden Ladenhütern.
Von echten Nobodys wie Benny alias Paul Murphy (Michael, Marc und Christian), den Liverpool Beats (Memphis Tennessee) oder den Flamingos (Mein Beatle Baby) ganz zu schweigen: Sie und viele andere waren damals ungefähr so angesagt wie ein Freibad im Februar.
Als große Leidensgemeinschaft fanden sich arrivierte Stars und strampelnde Eintagsfliegen alsdann gemeinsam in den bundesweiten Grabbelkisten wieder – mit dem berüchtigten Remittenden-Stempel auf dem Papierumschlag. Doch sogar für den Dumpingpreis von gerade mal zehn müden Groschen behielten Cracks und Kleinvieh ihr Restposten-Abo; beinharte Beat-, Rock 'n' Roll-, Country-, Soul- und Sonstwas-Fans faßten diese Fremdkörper nicht einmal mit spitzen Fingern an. Sie von Manfred Mann? Brian Hylands Schön war die Zeit? Das ist prima aus den Hälsen der Swinging Blue Jeans? Sinnlose Tränen, abgetropft von Paul Anka? Oder gar Baby, Baby, wo ist unsere Liebe von den seelenvollen Supremes? Und wer wollte sich schon von den gelernten Locken-Wicklern The Honeycombs in eine Diskussion um die Frage Hab ich das Recht? verstricken lassen? Nee, danke, das dann lieber doch nicht.
Damit nahm bereits vor über drei Jahrzehnten das Schicksal seinen Lauf. Die verwaisten Tonträger – ohnehin in nur kleinen Auflagen exklusiv für den deutschsprachigen Raum gefertigt – blieben so gut wie unverkäuflich, wurden folglich im Schredder final entsorgt und gerieten auf diese Weise zu den klingenden Antiquitäten von morgen bzw. heute.
Etwa Mitte der 50er Jahre hatte die Schallplatten-Industrie erste, noch zaghafte Anstrengungen unternommen, US- und UK-Interpreten gezielt für den absatzträchtigen deutschen Markt zu polen. Sänger(innen) wie der Amerikaner Bill Hayes oder die Anglo-Amsel Vera Lynn gaben die Vorreiter, und schon wenig später trabten zahllose Verfolger hinterher.
Ab Mitte der 60er erlebte dieser bis heute gaaanz hinten links liegen gelassene Teilbereich der Popmusik dann seine Hoch-Zeit. Dank enormer Promotion-Bemühungen (und der wirklichen Beliebtheit einiger Künstler) setzte es sogar strichweise Treffer: Wenn du lachst, lacht das Glück, Sally Sunshine (hier als LP-Fassung mit den Shadows vertreten) von Cliff Richard, Connie Francis' Schöner fremder Mann, Pat Boones Baby Sonnenschein oder Santo Domingo von Wanda Jackson schafften (neben einigen anderen) den Einstieg in die bundesdeutschen Hitlisten – mehr als ein Strohfeuer, gemessen an der Menge des kollektiven Ausstoßes, war dies jedoch kaum.
Als sich gegen Ende der 60er und zu Beginn der 70er Jahre die internationale Popmusik stilistisch teilweise dramatisch veränderte, wurden auch die deutschsprachigen Versuche der anglo-amerikanische Interpreten merklich weniger. Daß dennoch unverhofft ein lange Zeit unveröffentlicht gebliebener Titel wie Ganz allein von den Beach Boys auf einer LP-Compilation auftauchte, war die seltene Ausnahme.
Generell gilt: Trotz eines Phil Collins, der erst im Spätherbst 1999 mit einem ganzen Fuder solcher Titel auf einer CD überraschte und trotz bekannter Stars wie Peter Gabriel, Nazareth, Helen Schneider, David Bowie oder Frank Zappa (die sämtlich dann und wann in unserer Sprache dilettierten) – das Thema ist abgelegte Musik-Geschichte.
Daß sich aber über die Jahre gleich mehrere Hundertschaften (!) britischer und amerikanischer Künstler radebrechend mit dem Umlaut abgemuht hatten, blieb weitgehend unbekannt. In dem Buch '1000 Nadelstiche', das parallel zu dieser Einsteiger-CD bei Bear Family erscheint, sind sie erstmals umfassend gelistet – mit Biographien, detaillierten Discographien und hochwertigen Farbabbildungen der zum Teil extrem raren Bildhüllen.
Dort wird auch den Textern der bisweilen urkomischen deutschen Auslassungen Platz eingeräumt. Obwohl diese unerschrockenen Gebrauchs-Lyriker auch schon mal hart an der Urform klebten (Kansas City für Brenda Lee oder Downtown für Petula Clark zum Beispiel), schufen sie zumeist verwegene Poeme, die bis heute nichts von ihrer Originalität eingebüßt haben. Wenn etwa Sandie Shaw aus ihrer Puppet On A String plötzlich einen Wiedehopf im Mai machen mußte, dann blieb bzw. bleibt kaum ein Auge trocken oder eine Tapete an der Wand. Auch Dave Colman, ehemaliger Gitarrist in Diensten von Casey Jones & The Governors, durfte frei gestalten: "Er ist wie ein Herkules / Groß und bärenstark / Ihr müßt Quinn den Eskimo sehen / Eine Karte kostet eine Mark!": Alaska Quinn – Bob Dylan mal anders.
W a s textlich alles möglich war, komprimiert der ebenso fulminante wie denkwürdige Eröffnungs-Song dieser CD in 1 Minute 46 Sekunden. Toni Cavanaugh (Ex-Mitglied der Jets, die 1960 den Beat nach Hamburg brachten) präsentiert unter Starkstrom einen Hummeltwist, der frappierend an die inzwischen legendäre Wutansprache des Fußballtrainers Giovanni Ich habe fertig! Trapattoni erinnert.
Doch ob nun (unfreiwillig) komisch oder nicht: Diese CD tippt mit 31 akustischen Beispielen appetitmachend an, was das Buch '1000 Nadelstiche' optisch vollstreckt – die Betrachtung einer nahezu vergessenen oder gar totgeschwiegenen Randerscheinung der Pop- und Schlagermusik im Deutschland der 50er bis 70er Jahre.
Und in Zeiten, da mit dem Begriff 'Kult' bekanntermaßen inflationär umgesprungen wird, hätte das hier präsentierte Liedgut allemal beste Chancen auf diese Sortierung.
Denn die '1000 Nadelstiche' – sie pieksen noch heute gar wunderbar.
BERND MATHEJA,
Artikeleigenschaften vonVarious - 1000 Nadelstiche: Vol.01, Amerikaner & Briten singen deutsch (CD)
Interpret: Various - 1000 Nadelstiche
Albumtitel: Vol.01, Amerikaner & Briten singen deutsch (CD)
Genre Schlager und Volksmusik
Label Bear Family Records
- Preiscode AH
Artikelart CD
EAN: 4000127163660
- Gewicht in Kg: 0.115
Various - 1000 Nadelstiche - Vol.01, Amerikaner & Briten singen deutsch (CD) CD 1 | ||||
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01 | Hummeltwist | CAVANAUGH, Toni | ||
02 | Tausend Nadelstiche | SEARCHERS | ||
03 | Kansas City | LEE, Brenda | ||
04 | Das ist prima | SWINGING BLUE JEANS | ||
05 | Baby, Baby, wo ist unsere Liebe | SUPREMES | ||
06 | Sie | MANN, Manfred | ||
07 | Bleibe bei mir | PITNEY, Gene | ||
08 | Alaska Quinn | COLMAN, Dave | ||
09 | Downtown | CLARK, Petula | ||
10 | Schön war die Zeit | HYLAND, Brian | ||
11 | Nimm mein Herz | SORROWS | ||
12 | Wie schön das ist | GAYE, Marvin | ||
13 | Wenn du lachst, lacht das Glück | RICHARD, Cliff | ||
14 | Ganz allein | BEACH BOYS | ||
15 | Michael, Marc und Christian | BENNY | ||
16 | Santo Domingo | JACKSON, Wanda | ||
17 | Mein Beatle Baby | FLAMINGOS | ||
18 | Wer kennt den Weg | CASH, Johnny | ||
19 | Warten und hoffen | SPRINGFIELD, Dusty | ||
20 | Mama | ORBISON, Roy | ||
21 | Ich such mir meinen Bräutigam alleine aus | SHAPIRO, Helen | ||
22 | Sinnlose Tränen | ANKA, Paul | ||
23 | Det war in Schöneberg | SPENCER DAVIS GROUP | ||
24 | Mein Girl | TEMPTATIONS | ||
25 | Nur unsere Liebe zählt | MERSEYBEATS | ||
26 | Schöner fremder Mann | FRANCIS, Connie | ||
27 | Memphis Tennessee | LIVERPOOL BEATS | ||
28 | Am Abend auf der Heide | EVERLY BROS | ||
29 | Baby Sonnenschein | BOONE, Pat | ||
30 | Hab ich das Recht | HONEYCOMBS |
1000 Nadelstiche
Amerikanische und britische Interpreten singen in deutscher Sprache -
ein faszinierender wie amüsanter Randbereich der Popmusik.
In den Sechzigern gab es dann kein Halten mehr: Schluss mit dem Wort-Mischmasch, die Gäste mussten endgültig auf die Schulbank. Und dabei kam kaum eine Stilrichtung ungeschoren davon. Doch Mühe allein genügte auch schon damals nicht. Und so mussten immer wieder Hilfskräfte phonetische Seelsorge am Tatort leisten. Rolling Stone
Meist sangen sie von 'hupschen Frauleins' und von 'grunen Waldern', und je weniger sie die deutsche Sprache beherrschten, desto sehnsuchtsvoller klang ihre Poesie: englischsprachige Popstars, die ihren deutschen Fans in den Sechzigern ein Ständchen brachten. - Kulturspiegel
Perlen deutscher Schlagerkultur: Engländer und Amerikaner versuchen sich an deutscher Zunge - und verknoten selbige. Saarbrücker Zeitung
Hunderte Interpreten aus den USA und Großbritannien haben zwischen 1955 und 1975 Übersetzungen ihrer Original-Hits in die deutsche Sprache oder deutschsprachige Sonderanfertigungen geträllert und sich mit viel Mühe durch den deutschen Sprachschatz gekämpft, um auf unserem heimischen Markt bestehen zu können! Kaum jemand verstand damals die englischen Texte, und so mussten neben Johnny Cash, Gene Pitney und Petula Clark auch Bands wie die Spencer Davis Group, die Searchers und die Merseybeats ran! Eine höchst unterhaltsame CD-Album Serie, in der man viel Neues und Ungewöhnliches entdecken kann und die jeden Musikliebhaber zum Schmunzeln bringt.
1000 Nadelstiche - CD-Album Serie von Bear Family Records
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Schöne alte Aufnahmen - ein Genuss, sie wieder zu hören
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