Various - 1000 Nadelstiche Vol.03, Twist & Hully Gully - Amerikaner & Briten singen deutsch

1-CD mit 44-seitigem Booklet, 24 Einzeltitel. Spieldauer 58:32 Minuten.

Twist & Hully Gully.

Die Wiederveröffentlichung der Raritäten aus den unterschiedlichsten Genres wird in loser Abfolge fortgesetzt.

Diesmal Twist und Hully Gully.

Weltweit wurde gewackelt.

Nachdem sich die ganz große Aufregung rund um den Rock’n’Roll ein wenig gelegt hatte, mußten am äußersten Ende der fünfziger Jahre frische Ideen her, um die begeisterungsfähigen Jugendlichen – und hier speziell die Schallplattenkäufer – wieder ins Boot zu ziehen.

Und doch war es ein gestandener R&B- bzw. Rock 'n' Roll-Pionier, der mit einer inzwischen legendären Single eine neue Welle auslöste, die sich im Hüftumdrehen zur internationalen Springflut auswuchs: Hank Ballard mit The Twist, schon wenig später erfolgreich gecovert von Chubby Checker.

Ein elektrisierender Tanz war geboren, der sogar in fortschrittlichen Schulen angeboten wurde, die sich bis dahin eher Walzer, Quickstep und Foxtrott verschrieben hatten. Nahezu monatlich kamen Twist-Ableger hinzu – quasi am Reißbrett entworfen, um die aktuelle Manie noch ein wenig länger am Köcheln zu halten: Hully Gully, Swim und Shake. Jerk, Madison, Monkey. Watusi, Duck, Stroll. Freeze, Pony und Shag. Hanky Panky, Dog, Mashed Potato. Die Liste der Erfindungen war endlos (viele der Neu-Kreationen sind im Text von Chris Kenners unsterblichem Land Of 1000 Dances zusammengefaßt).

Der Twist – vom Fachblatt 'Leg auf und sieh fern' in einer Titelgeschichte noch als "musikalischer Drehwurm" bespöttelt - hatte gewonnen. Twist-Filme, Twist-Wettbewerbe, Twist-Shows im noch jungen Fernsehen – es gab einfach kein Halten mehr. Daran konnten auch wachsame Mediziner diesseits und jenseits des Atlantiks nichts ändern. Sie warnten besorgt vor drohenden Hüft- und Kniegelenksverrenkungen, schweren Wadenkrämpfen, Knochenabsplitterungen und Bandscheibenvorfällen. Orthopäden-Rat: den heißen Twist nur lauwarm tanzen!

Die Tonträger-Industrie scherte dies natürlich überhaupt nicht. Knappe drei Jahre lang scheuchten die Plattenfirmen alles ins Studio, was sich nur annähernd als Interpret(in) für den jetzt angesagten Stil eignete – oder auch nicht.

Und natürlich machte der Twist auch vor deutschen Studiotüren nicht halt. Hiesige Stars und Sternchen von Ralf Bendix und Paul Würges über Charly Cotton (= Christian Bruhn) und Teddy Parker bis hin zu Max Greger und Caterina Valente mußten ran und zuckten sich mit den Resultaten nicht selten sogar in die Hitparaden.

Oftmals verließen sich die Verantwortlichen dabei jedoch lieber auf die Original-Künstler und ihre bereits vorliegenden Produkte. Denen wurde dann – wie ab etwa 1955 immer wieder gern praktiziert – ein deutscher Text aufgepfropft.

Die populärsten Beispiele dieser Strategie sind auf der vorliegenden CD zusammengefaßt.


BERND  MATHEJA